Europas Telekommunikationssektor weltweit führend


Europa ist bei Mobiltelefondiensten weltweit führend: Die Zahl der Handyverträge beläuft sich auf 119 % der EU-Bevölkerung (7 Prozentpunkte mehr als 2007) und liegt damit weit vor den USA (87 %) und Japan (84 %).

Dies ist eines der Ergebnisse des heute vorgelegten Forschrittsberichts der EU-Kommission zum Binnenmarkt in der Telekommunikation. Trotz der Wirtschaftskrise sind die Erlöse des EU-Telekommunikationssektors (auf den rund 3 % des BIP der EU entfallen) 2008 weiter gestiegen und betragen Schätzungen zufolge nun über 300 Mrd. €, was einer Steigerung von 1,3 % gegenüber 2007 entspricht. Der Sektor ist damit stärker gewachsen als die restliche Wirtschaft, die nur um 1 % zulegte.

Auch die Verbraucher profitieren von der Wettbewerbsfähigkeit der Branche: Sie zahlen weniger und bekommen bessere Leistungen. Die durchschnittliche Mobiltelefonrechnung ist 2008 von 21,48 € auf 19,49 € gesunken, und 75 % der europäischen Verbraucher haben jetzt einen Internetzugang mit 2 Megabit pro Sekunde und darüber (was beispielsweise Fernsehen im Internet ermöglicht), beides dank der Maßnahmen der EU.

Im Bericht der Kommission wird jedoch auch davor gewarnt, dass ohne eine bessere europäische Koordinierung die Vorteile des Telekommunikationsbinnenmarkts durch uneinheitliche einzelstaatliche Regulierungstätigkeit aufs Spiel gesetzt werden.

Telekommunikationssektor wächst stärker als restliche Wirtschaft

Das geschätzte Wachstum des EU-Telekommunikationssektors im Jahr 2008 beträgt 1,3 %, mehr als das reale BIP-Wachstum der Gesamtwirtschaft von 1 %. Er trägt weiterhin zur Inflationsdämpfung bei, da die Preise der meisten Standardkommunikationsleistungen (etwa Telefongespräche und Internetnutzung) immer noch sinken.

Mobiltelefon: Verbraucher zahlen 34,5 % weniger als vor fünf Jahren

Die Mobiltelefonie war auch 2008 wieder das dynamischste Segment des Telekommunikationsmarkts. Die Mobiltelefonnutzung nahm von 112 % der Bevölkerung 2007 auf 119 % im Jahr 2008 zu. In Italien, Litauen und Luxemburg liegt die Nutzungsrate bei über 140 %. Der durchschnittliche Marktanteil der führenden Betreiber ging letztes Jahr um rund 3 % zurück, was ein Anzeichen für mehr Wettbewerb auf dem Markt ist. Im Ergebnis verbringen die Verbraucher mehr Zeit mit Gesprächen und dem Senden von SMS-Nachrichten zu Preisen, die mindestens um 34,5 % unter denen von 2004 liegen.

EU-Länder weltweit führend bei Hochgeschwindigkeits-Internet

Die Zahl der Hochgeschwindigkeits-Internetzugänge über das Festnetz steigt in der EU weiter an: 2008 um 14 Millionen auf insgesamt mehr als 114 Millionen. Dänemark und die Niederlande sind beim Breitband weltweit führend und erreichen damit mehr als 35 % der Bevölkerung. Sie liegen zusammen mit Schweden, Finnland, dem Vereinigten Königreich, Luxemburg, Belgien, Deutschland und Frankreich vor den USA, die im Juli 2008 eine Marktdurchdringung von 25 % aufwiesen.

Auch die mobile Breitbandnutzung wächst stark; hier entspricht die Zahl der Zugänge jetzt 13 % der EU-Bevölkerung. Mobiles Breitband via Datenkarten und Dongles entwickelt sich in Ländern wie Österreich (Zahl der Zugänge entspricht 11,4 % der Bevölkerung), Finnland (9,1 %) und Portugal (8,3 %) zu einer akzeptablen Alternative zum Festnetz-Breitbandanschluss.

Mehr Verbraucher wechseln ihren Betreiber. 2008 haben 20,5 Millionen Verbraucher ihren Telefonbetreiber unter Beibehaltung ihrer Festnetz- oder Mobiltelefonnummer gewechselt. Seit der Betreiberwechsel 2003 möglich wurde, hatten bis Oktober 2008 rund 84 Millionen Telefonteilnehmer (17 % der EU-Bevölkerung) davon Gebrauch gemacht.

Probleme für den europäischen Telekommunikationsbinnenmarkt. In dem heute vorgelegten Bericht wird aber auch ausgeführt, dass unterschiedliche Regulierung in den EU-Ländern weiterhin ein Hindernis für einen wirklichen Telekommunikationsbinnenmarkt für Betreiber und Verbraucher darstellt.

* Unabhängige nationale Telekommunikationsregulierer sind unabdingbar, um eine faire und wirksame Regulierung zu gewährleisten, sie sind aber noch nicht in allen 27 EU-Ländern Realität. Die Kommission hat Vertragsverletzungsverfahren gegen Litauen, Lettland und Rumänien eingeleitet, die noch anhängig sind, während ein Verfahren gegen Polen vor den Europäischen Gerichtshof gebracht wurde.
* Die uneinheitliche Regulierung ähnlicher Wettbewerbsprobleme kann eine zusätzliche Bürde für Telekommunikationsbetreiber darstellen, zumal eine wachsende Zahl von Unternehmen in mehreren Ländern tätig ist oder grenzübergreifend Dienste anbietet.
- Unterschiedliche Regulierungsansätze hinsichtlich neuer Glasfasernetze könnten den Wettbewerb zwischen Betreibern im Binnenmarkt beeinträchtigen und zu Rechtsunsicherheit bei neuen Investitionen führen. Einige Entscheidungen von Regulierern scheinen sogar auf eine Weise getroffen worden zu sein, die eine Umgehung von EU-Rechtsvorschriften bezweckt (IP/08/2060).
- Die Entgelte, die Betreiber einander für Telefonverbindungen aus anderen Netzen in Rechnung stellen, klaffen weit auseinander (von 0,02 €/Minute in Zypern bis 0,16 €/Minute in Bulgarien).
* Während es in Irland oder Malta nur einen Tag dauert, wenn Verbraucher ihren Mobiltelefonbetreiber unter Beibehaltung ihrer Telefonnummer wechseln wollen, dauert es in Polen noch immer 38 Tage, in Italien 15 und in der Slowakei 14 Tage.


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