Telekommunikation: EU stellt Deutschland wegen Umgehung der EU-Transparenzregeln an den Pranger

Die EU-Kommission hat heute ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet, weil die deutsche Regulierungsbehörde – die Bundesnetzagentur – vor der Festsetzung geänderter Mobilfunk-Zustellungsentgelte nicht die Kommission und die anderen nationalen Regulierungsbehörden konsultiert hat.

Nach EU-Telekommunikationsrecht sind die nationalen Regulierungsbehörden verpflichtet, der Kommission und den Regulierungsbehörden der anderen Mitgliedstaaten die Entwürfe geplanter Maßnahmen, die sich auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten auswirken können, und deren Begründung mitzuteilen. Die nationalen Regulierungsbehörden und die Kommission können dann zu den vorgeschlagenen Maßnahmen Stellung nehmen.

Im Mai 2009 veröffentlichte die Kommission eine Empfehlung zur Regulierung der Anrufzustellungsentgelte in der EU, in der sie den Telekom-Regulierern der EU klare Leitlinien in Bezug auf die Festsetzung der Zustellungsentgelte anhand kostenorientierter Berechnungsmethoden vorgibt.

Anrufzustellungsentgelte sind Vorleistungsentgelte, die von den Netzbetreibern für die Weiterleitung der Anrufe von einem Netz in ein anderes Netz berechnet werden. Entgegen ihrer Verpflichtung aus dem EU-Telekommunikationsrecht traf die Bundesnetzagentur ihre Entscheidungen über Mobilfunk-Zustellungsentgelte am 31. März 2009 und somit bevor die Kommission oder andere nationale Regulierungsbehörden überhaupt Gelegenheit hatten, sich zur Höhe dieser Entgelte zu äußern.

Dieser Mangel an Transparenz ist ein bislang einmaliger Fall bei der Anwendung des EU-Telekommunikationsrechts in den 27 EU-Mitgliedstaaten. Ohne vorherige Konsultation der anderen Regulierer steigt die Gefahr, dass es zu einer unterschiedlichen Regulierung der Zustellungsentgelte in den Mitgliedstaaten und damit zu Wettbewerbsverzerrungen auf dem EU-Binnenmarkt der Telekommunikation kommt. Schon heute unterscheiden sich diese Entgelte und die Methoden zu ihrer Festsetzung in der EU ganz erheblich, weshalb die Kommission auf eine bessere Koordinierung drängt.

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