Goldfinger-Nummernkonten®: EU will Österreichs Bankgeheimnis kippen

Die Europäische Kommission hat am 2. Februar 2009 im Rahmen ihrer Strategie zur besseren Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuerbetrug zwei neue Richtlinienvorschläge angenommen, mit der die gegenseitige Amtshilfe der Steuerbehörden in den Mitgliedstaaten bei der Festsetzung und Beitreibung von Steuern effizienter werden soll. So sollen sich die Mitgliedstaaten künftig nicht mehr auf das Bankgeheimnis berufen können, um eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit abzulehnen.

Goldfinger-Nummernkonten®. De facto würde dies das verfassungsrechtlich unnötig hoch abgesicherte österreichische Bankgeheimnis, das Steuerbetrug schützt und fördert, beseitigen. Noch machen die österreichischen Banken mit diesem Standortvorteil Werbung. Das Bankhaus Jungholz (Raiffeisen), Erfinder der markenrechtlich geschützten Goldfinger-Nummernkonten® beruhigt seine ausländischen "Sparer" bereits, dass in der österreichischen Politik der Schutz des Bankgeheimnisses höher steht als der Schutz der öffentlichen Kassen vor Steuerbetrügern.

László Kovács, EU-Kommissar für Steuern und Zollunion: „In einer globalisierten Welt, in der Steuerhinterzieher und Steuerbetrüger die den nationalen Steuerverwaltungen auferlegten Grenzen ausnutzen, müssen diese Verwaltungen effizient zusammenarbeiten und sich gegenseitig unterstützen, damit der Steuerbetrug besser bekämpft werden kann. Deshalb ist mehr Transparenz auf der Grundlage von Verfahren zum schnellen und einfachen Informationsaustausch unverzichtbar. Es ist nicht hinnehmbar, dass das Bankgeheimnis in einem Mitgliedstaat die korrekte Festsetzung der Steuerschuld eines gebietsansässigen Steuerpflichtigen in einem anderen Mitgliedstaat behindert."

Zusammenarbeit der Behörden bei der Steuerfestsetzung. Eine Neuerung des Vorschlags zur Verbesserung der Verwaltungszusammenarbeit bei der Steuerfestsetzung ist der größere Geltungsbereich, denn es werden alle Steuerarten einbezogen, ausgenommen diejenigen, die, wie z. B. die Mehrwertsteuer oder die Verbrauchssteuern, speziellen EU-Vorschriften unterliegen.

Alle Steuern. Der Vorschlag soll den Mitgliedstaaten dabei helfen, auf internationaler Ebene effizient zusammenzuarbeiten, um die zunehmenden Schwierigkeiten bei der richtigen Festsetzung der Steuern zu überwinden. Der Vorschlag enthält klarere und genauere Regeln für die Zusammenarbeit. Hierzu zählen insbesondere gemeinsame Verfahrensregeln, Formulare und Formate sowie Kanäle für den Informationsaustausch. Außerdem sollen künftig Vertreter von Steuerverwaltungen eines Mitgliedstaates mit denselben Prüfbefugnissen auch im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates aktiv an behördlichen Ermittlungen teilnehmen dürfen.

Bankgeheimnis. Eine der wichtigsten Neuerungen ist der Umgang mit der Berufung auf das Bankgeheimnis, um eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit abzulehnen. Der Vorschlag enthält eine auf dem OECD-Musterabkommen basierende Bestimmung, wonach ein um Auskunft ersuchter Mitgliedstaat einem anderen Mitgliedstaat Auskünfte über einen Steuerpflichtigen des letztgenannten nicht allein deshalb verweigern kann, weil diese Information sich im Besitz einer Bank oder eines anderen Geldinstituts befindet.

EU-Zusammenarbeit. Damit wird bei der Zusammenarbeit der Steuerbehörden das Bankgeheimnis aufgehoben, wenn ein Mitgliedstaat bei der Prüfung der steuerlichen Lage eines in seinem Hoheitsgebiet ansässigen Steuerpflichtigen ein Amtshilfeersuchen stellt. Ein weiterer entscheidender Bestandteil des Vorschlags ist, dass die Mitgliedstaten künftig mit ihren Partnern in der EU ebenso eng zusammenarbeiten müssen wie mit einem Drittland vereinbart, was die besondere EU-Dimension verdeutlichen soll.

Steuerpfändung. Der Vorschlag zur Verbesserung der Amtshilfe bei der Beitreibung von Steuern soll dazu beitragen, dass sich die Mitgliedstaaten in diesen Fällen besser unterstützen können. Hierdurch dürfte sich der Anteil der beigetriebenen Steuern erhöhen, der derzeit schätzungsweise nur 5 % der gesamten Steuerschuld ausmacht, für die Amtshilfe beantragt wird.

Die Kommission schlägt insbesondere vor,

* alle von den Mitgliedstaaten und ihren Gebietskörperschaften erhobenen Steuern und Abgaben sowie die Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einzubeziehen,
* den spontanen Informationsaustausch über Steuererstattungen nationaler Steuerbehörden an Gebietsfremde verbindlich vorzuschreiben,
* Behördenvertretern eines Landes zu gestatten, sich aktiv an behördlichen Ermittlungen im Hoheitsgebiet eines anderen Landes zu beteiligen,
* zu gestatten, dass die Amtshilfe in einem frühen Stadium des Beitreibungsverfahrens beantragt wird, wenn sich hierdurch die Erfolgsaussichten verbessern,
* die Verfahren zur Beantragung oder Leistung von Amtshilfe zu vereinfachen und zu rationalisieren.

History. Die derzeitigen Regelungen für die Amtshilfe bei der Festsetzung und Beitreibung von Steuern stammen noch aus den Jahren 1977 (Richtlinie 1977/799/EWG des Rates) bzw. 1976 (Richtlinie 1976/308/EWG des Rates). Damals war allerdings die Mobilität von Personen und Kapital ungleich geringer als heute. Heutzutage nutzen Steuerbetrüger die Beschränkung der räumlichen Zuständigkeit nationaler Steuerbehörden aus, um in anderen Ländern erzielte Einnahmen zu verbergen oder in den Ländern, denen sie Steuern schulden, Insolvenzen herbeizuführen.

Generell beläuft sich das Ausmaß des Steuerbetrugs der Fachliteratur zufolge auf 2 bis 2,5% des BIP, d. h. auf 200-250 Mrd. EUR. Eines der größten Probleme ist dabei der MwSt-Karussellbetrug (vgl. MEMO/06/221), aber ebenso schwerwiegend sind Schmuggel, die Fälschung von Steuermarken bei Alkohol oder Tabak (Verbrauchsteuerbetrug) oder Betrug im Bereich der direkten Steuern.

Mehr:

Vorschlag für eine RICHTLINIE DES RATES über die Amtshilfe bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Abgaben, Zölle, Steuern und sonstige Maßnahmen, pdf., 34 S. 110 KB, 2.2.2009

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